Davina gegen Goliagram

 

Wir verklagen den großen blauen Bruder

P1040053+%282%29.jpg

Es ist passiert. Die Androhung von Hatern uns so lange zu melden, bis uns Instagram sperrt, hatte Erfolg: Dein Konto wurde deaktiviert.

Das Vergehen ist eine tanzende Katharina mit Achselhaaren. Ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen. Inhalte mit sexuellen Anspielungen sind auf Instagram nicht erlaubt. Eine Regel, die sich nirgends in den Instagram Richtlinien findet.

Später sollen wir erfahren, dass dies gängige Praxis ist und auch davon abhängt, wo du dich gerade befindest. Ständig wachsende, intern festgelegte Zensur-Richtlinien, die nicht öffentlich und nicht mit dem Nutzer vereinbart sind. Teilst du zum Beispiel Erdogan-feindliche Inhalte auf türkischem Boden, gesellst du dich schnell zu uns Ausgestoßenen.

Das Damokles-Schwert schwingen philippinische Content-Moderatoren. The Cleaners zeigt, wie die größte christliche Kultur Asiens im Sekundentakt unseren Datenmüll durchforstet. Drei Fehler pro Monat und du durchsuchst wieder physischen Müll am El Nido.

Ein inoffizieller Anruf einer Instagram-Mitarbeiterin zieht uns die Parallelen zu den hiesigen Arbeitsbedingungen. Leider kriegen wir es dabei derart mit der Angst zu tun, das wir uns nicht trauen ihre Worte hier zu teilen. Höchstens das allerkleinste Übel: dass uns kein Instagram-Mitarbeiter außergerichtlich freischalten wird.

Denn wer nun dachte, das Berghain habe die härteste Tür, stand noch nicht vor den verschlossenen Toren des Mediengiganten. Als wir tatsächlich ein Widerspruchs-Formular finden, wissen wir noch nicht, dass unser Liebes-Appell Daddy, ich werde ein artiges Mädchen sein direkt im Abfluss landet.

Schon Monate zuvor beschneiden wir unseren geliebten Account um alles, was nicht Ganzkörper-FFP2-bekleidet ist: Schamhaare, Achselhaare, Knutschen, Wörter wie Lust oder Klitoris. Währenddessen räkeln sich verifizierte Stringtanga-Accounts mit Millionen von Followern in sexistischen Posen. 

Ein Hilferuf über @liebelei.reloaded weckt eine Welle der Liebe. Über 240 öffentliche Anteilnahmen sind Balsam für die geschundene Seele und rühren mich wieder zu Tränen. Hunderte Menschen schreiben via verstecktes Problem-Meldungs-Formular an Instagram und appellieren unseren alten Account wieder freizuschalten.

Unzählige Geschichten von Feministinnen, Kleinunternehmerinnen und LBGTQ+s strömen in unser neues Postfach, die alle dasselbe erlebt haben. Politische und existenzsichernde Reichweiten, die ihnen von heute auf morgen unrechtmäßig entwendet werden. Und keiner von ihnen wurde je wieder virtuell wiederbelebt.

Die Pseudo-Kontaktmöglichkeiten entpuppen sich als Farce und so schreiben wir jenseits unserer eigenen Werte den einzigen Brief, den die Facebook Inc. (Daddy of Instagram) überhaupt liest: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Doch nicht jeder kann den Klageweg finanziell und emotional bestreiten und so bitten wir euch, unseren Stellvertreter-Kampf gegen den willkürlichen Machtmissbrauch der Social Media Plattformen weiter zu tragen.

Meinungsfreiheit und informelle Selbstbestimmung sind auf politischer Ebene längst selbstverständlich. Doch die neuen Nationen sind die sozialen Netzwerke, die unsere Grundrechte mit Füßen treten.

Lasst euch nicht anstecken von hasserfüllter Diskriminierung und wehrt euch gegen Zensur. Zwängt euch nicht in ein immer enger werdendes Korsett eurer digitalen Präsenz, sondern zieht blank mit eurer eigenen Meinung.