Und dann kam Poly...

 

Die Öffnung unserer Beziehung

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Als Ferdinand und ich wahrlich zusammen kommen sollten vor nun knapp fünf Jahren und ich für ihn meine Reise abbrach und mittel- als auch planlos in Berlin strandete, eröffnete er mir aus ziemlich heiterem Himmel, dass er gerne eine polyamouröse Beziehung hätte. Er habe so etwas noch nie gehabt und wäre neugierig darauf. Außerdem wäre es ja wohl die logische Konsequenz, an den üblichen monogamen Problemchen gemessen. Schließlich sei das genitale Eigentümer:innen-Recht veraltet und sowas von vorgestern. 

Recht hatte er zwar. Logisch betrachtet. Doch ich hatte mich früher schon einmal in die Höhle des Polyversums gewagt, und war an deren Wirklichkeit gescheitert. Und so antwortete ich ihm damals, dass ich da raus sei. Ich verstünde, dass er diese Erfahrung machen wollen würde, aber dann nicht mit mir. Zumindest nicht jetzt. Erstmal wolle ich ein Fundament zwischen uns beiden etablieren. Alles weitere würde man dann sehen. Ferdinand, der damals noch Volker hieß, ließ sich auf mich ein. Später würde er immer sagen, dass er mit mir ja eh schon acht Freundinnen hat. Also mindestens.

Damals fing Poly an die Berliner Beziehungsszene im Sturm zu erobern und es ward gar immer mehr uncool oder “nicht-so-weit” in einer altmodischen monogamen Beziehung zu leben. Ja man musste sich eigentlich schon ein bisschen schämen. So wie heute, wenn man sich noch immer als “nur” heterosexuell und nicht wenigstens als heteroflexibel deklariert. 

Die ersten Schritte

Tatsächlich war es nach zwei Jahren Beziehung ich, die anfing in der Ex-Kiste rumzukramen. So küsste ich am Tag vor Ferdinands und meinem offiziellen Zusammenzug in unsere gemeinsame neue Wohnung eine frühere Liebelei. Vielleicht eine Panikreaktion. Vielleicht eine Wiedergutmachung der damals erlittenen Verletzung. Ich erzählte Ferdinand davon und es war okay. 

Immer drängender auch wurde in mir der Wunsch noch einmal mit meinem Ex-Freund zu schlafen. Ferdinand wusste darum, und als wir ihn vor zwei Jahren in Chemnitz besuchten, küsste Ferdinand meinen Ex auf der Tanzfläche, um jenem die Erlaubnis zu geben mich küssen zu dürfen. So kam es auch. Ein schöner Dreieckskuss zwischen lauter Erstis im alten Chemnitzer Inclub Atomino. Zu mehr kam es nicht. Ich wollte es nicht. Obgleich Ferdinand auf den Dreiecksbums drängte. 

Poly ist kein Pappenstiel 

Immer wieder begegnete uns das Poly-Thema. Wir kannten immer mehr Paare, die in offenen Verhältnissen lebten. Die Modelle unterschieden sich : Offene Liebe oder schlicht geteilte Genitalien; konkrete Transparenz oder eher stillere Übereinkunft usw usw. Überzeugen konnte uns dabei keine. Immer kam einer zu kurz. Immer wollte einer es mehr als der andere und die Machtverhältnisse rutschten ad absurdum. Die schönen Dinge wurden mit den Freizeitpartnern unternommen, die LIebsten daheim waren gut für Alltag und Co. Wir beobachteten wie Beziehungen daran zerbrachen oder zumindest der Tatbestand der Offenheit immer und immer und immer wieder aufs Neue müßig und unproduktiv ausdiskutiert und ausgefochten werden musste. 

Ich sagte damals immer, ich sei keine fünfzehn mehr. Ich wolle mir nicht ständig Gedanken um Männer und Beziehung machen. Ich würde meine Energie lieber für etwas anderes aufheben. Außerdem war ich, waren wir — Ferdinand und ich — in einer erfüllten und glücklichen Beziehung. 

Und doch — ach weh — wuchs der Wunsch in mir nach einer Liebelei. Nach den Schmetterlingen. Nach dem Sich-neu-begegnen. Nach dem Sich-annähern. Nach dem Knistern. Wollte daher auch kein Tinder und co. Ich wollte im Balztanz wippen. Es ging mir um das Zazazu

Doch lange wollte das nichts werden. Ferdinands und meine Liebe strahlt weit. Wir leben und arbeiten zusammen. Sind sogar öffentlichkeitswirksam. Viele kennen uns nur gemeinsam. Für viele wirkte das sehr einschüchternd bis abschreckend. Der Pandemie-Einbruch machte es auch nicht leichter. Ich gab die Sache auf. 

Set your intention and let go

Wie es so häufig ist: also ich aufhörte danach zu suchen oder darauf zu warten, wurde mein Wunsch erfüllt. Ich folgte seit einem knappen Jahr einem Musiker auf Instagram; jemand den ich auf der At.tension das erste mal live sah und auf Anhieb sehr mochte. Ich dachte mir mehrfach, dass wir uns bestimmt gut verstünden und gute Freunde sein könnten. Aber wie schreibt man bitte jemanden Fremdes so an, ohne creepy oder als Sozialfall zu erscheinen?

Einen märzliche Nacht später, da ich träume mit besagtem Mann spazieren zu gehen, meint meine Freundin : Schreib ihm doch einfach das. Gesagt, getan. Und rackzack hatte ich den Musiker noch am gleichen Abend in meiner Küche sitzen. Ferdinand war die Woche über weg und so hatte ich sturmfrei. Doch war mein Bestreben in der Tat rein platonisch geerdet. Denn ich hatte bereits gelernt, dass Amouren immer Ablaufdaten haben; und ich bislang keine sich über Jahre begleitende Freundschaft Plus getroffen habe. Nicht außerhalb der Literatur. Und ich sehnte mich nach einem männlichen guten Freund in Berlin, nachdem mein Leben sich so sehr auf Frauen fokussiert hatte. 

So saßen wir und schwatzten. Schnupperten und lachten. Doch dann ein Blick der tiefer ging. Eine sich zierende Kathi; ganz ohne Show. Und dann der erste Kuss. Ich stand in meinem Wohnzimmer; etwas vom Donner getroffen. Den Kuss geschehen lassend; unfähig die Augen zu schließen. So viele Gedanken. Eine empörte Stimme: “Ey, ich meinte das ernst mit der Freundschaft.” Fragen wie “Stehe ich eigentlich auf diesen Menschen?” und die so lange gewartet habende Kathi: “Jetzt schließ deine Augen. Das hast du dir gewünscht. Genieß es, verdammt noch mal.”

Als in der zweiten Knutschrunde auf dem Küchensofa der erste Hosenknopf ploppte, warf ich ihn raus. Mit Charme versteht sich. Ich hatte es nicht kommen sehen; hatte es nicht mit Ferdinand besprochen und mein Wunsch galt ja vor allem dem Spannungsaufbau. Und wieder war da auch die innerliche Trotzstimme, die sich sagte: Jajaja, klar. Musiker einladen und sogleich vögeln. Nicht mit mir. 

An diesem Abend hatte ich gelernt, wenn ich auf Jemanden stehe und nicht weiß wie rankommen, dann frage ich Wollen wir Freunde sein?” -- offenbar ein Aphrodisiakum und Steroid für den inneren Jäger.

Am nächsten Morgen rufe ich Ferdinand an und teile mit ihm meine Erlebnisse. Er freut sich für mich und meint, es sei auch okay gewesen, hätte ich mit ihm geschlafen. Ich bin abermals verblüfft von Ferdinands Gelassenheit; ein kleiner Teil traut dem Ganzen aber auch nicht. Den weiteren Tag verbringe ich tagträumerisch auf meinem Teppich, wälze mich katzengleich genüsslich von einer Seite auf die andere und lausche den Alben des Musikers. 

Warum wollen so viele Menschen poly leben? 

Die raisonablen Gründe für eine offene Liebe liegen auf der Hand. Wir sind nicht für die Monogamie geschaffen. Sagen die einen. Wir begehren immer auch andere. Ich gehöre niemandem. Sagen die anderen. Ein Produkt des Kapitalismus. Ich glaube, es geht vorrangig darum, sich selbst wieder eigenständig zu erleben. In Beziehungen, gerade wenn sie etwas länger dauern dürfen, neigen wir häufig zu Verschmelzung. Aus einem Ich und Du wird ein Wir. In der Liebesexkursion haben wir die Chance wieder ganz Ich zu sein. Sicherlich geht es auch um Bestätigung. Den eigenen Marktwert nachprüfen. Und schließlich na klar auch um die sexuelle Neugierde auf einen neuen Körper. Auf neue Funken. Auf neue Chemie. Das Knistern. 

Und während sich immer mehr auf das Abenteuer und die Verpflichtung Poly einlassen, lassen es die meisten noch immer bleiben. Unsere engsten Kreise lauschten fasziniert unserer Geschichte, unseren Erfahrungen - wurden praktisch nach vorne in unsere Worte eingesogen,  nickten gebannt und verständnisvoll und nach Beendigung unseres Monologs lehnten sie sich wieder etwas zurück und schüttelten den Kopf “Nein, das könnte ich nicht.” 

Denn das paradoxe am Polygedanken ist, dass sich die Meisten es für sich selbst sehr wohl vorstellen könnten, auch mit anderen sexuell zu verkehren und davon überzeugt sind, das eine auch vom andern trennen zu können -- doch können sie sich die gleiche Fähigkeit und das gleiche Recht nicht für den Partner/die Partnerin vorstellen. Und so wird aus einem Gerechtigkeitsempfinden oder blanker Angst  heraus der monogame Weg beibehalten und verfolgt. 

Mir war die Polyszene immer nicht so ganz geheuer. Ich habe ihr nicht geglaubt. Es als spiri-gezuckerte Ausrede für Freibumsen gesehen. Oder für eine Entschuldigung sich langsam aus einer Beziehung herauszuziehen. Oder sich gar nicht erst wirklich auf Jemanden einzulassen. Und ich sehe vieles davon immer noch. Trotzdem glaube ich an das hehre Ziel die Liebe zu teilen und dadurch zu mehren. Es scheint nur immer wieder an der Wirklichkeit zu scheitern. 

Zwei Wochen später wird es real

Ich bin zum Musiker in seine Wohnung eingeladen. Ferdinand, der die ganze Zeit cool geblieben war, ja sich mit mir freute, wurde urplötzlich von einer schieren Eifersucht übermannt. Auf einmal war es echt geworden. Ich würde zu einem anderen Mann gehen und Sex mit ihm haben. Ferdinand und ich verbrachten Tage mit Gesprächen. Ich versprach mich nicht zu verlieben. Ich versprach ihm, ihn nicht zu verlassen. Wir versuchten Regelungen zu finden: Keine Treffen, wenn wir uns streiten. Das haben wir immer als ein gefährliches Terrain empfunden. Durchschnittliche Treffquantität einmal im Monat. Sex mit Kondom. Klar. 

Doch kein Gespräch; keine Berührung half. Ferdinand war selbst erschrocken über die Intensität seiner Eifersucht und destruktiven Gedanken und auch enttäuscht von sich selbst. Er schlief nicht mehr. Als der bewusste Abend kam, kaufte sich mein Freund in der nächsten Apotheke Schlaftabletten. Ich fühlte mich wie die schlechteste Freundin der Welt. 

Wir besprachen, ob ich da schlafen würde oder postcoital wieder nach Hause kam. Keine leichte Frage. Ich hatte immer da geschlafen, wo ich gebumst hatte oder behielt den Begatter noch in meinem Bett. Außerdem war die Vorstellung frisch gefickt zu Ferdinand unter die Bettdecke zu krabbeln unangenehm. Und ich wollte auch nicht, dass er wartet. Auf der anderen Seite verstand ich, dass in der Affären-Szene geteilte Nächte intimer waren als geteilte Genitalien. Ich sagte Ferdinand, er solle nicht auf mich warten. Wahrscheinlich schliefe ich dort. Außer es sei ein totaler Reinfall. Er stimmte zu. 

Bevor ich die Wohnung verließ, versuchte Ferdinand mich noch mal auf dem Küchentisch zu nehmen. Revier zu markieren vielleicht. Doch es/er wollte nicht so recht klappen. Und so transistierte ich angebumst eine gute halbe Stunde hinüber in mein neues kleines Abenteuer. 

Als der Musiker nicht viel später seine Lieder am Klavier zum Besten gab und ich etwas unbeholfen auf dem Sofa lauschte, wusste ich nicht recht wie zu reagieren. War ich ein Groupie? Ich hoffte nicht… Unsere Annäherungen waren vorsichtig, ja verhalten. Und doch führte eine Berührung zur nächsten und die Klamotten fielen Teil um Teil. Ich würde das erste mal seit fünf Jahren mit einem neuen Menschen schlafen. Ich war aufgeregt.

Mein Gegenüber vielleicht auch; denn das zweite Mal an diesem Tag sollte ich nur angebumst verbleiben. Die Potenzen waren mir an diesem Tag nicht hold. “Soso”, dachte ich “zwei Liebhaber und trotzdem ungefickt.” Und mochte die Ironie darin. Für mich wars fein. Wir redeten und ich freute mich, dass der Musiker die sogenannten “Mädchenfragen” stellte. Wie es weiter ginge. Wie es mit Ferdinand sei. Er erzählte mir auch, dass er noch eine andere Liebelei hatte. Es störte mich nicht. Es schien perfekt. Er war nicht auf der Suche nach einer Beziehung. Respektierte die meine und beide hatten wir eigenständige sich nicht berührende Leben. 

Ich beschloss die Nacht beim Musiker zu verbringen. Er freute sich und eng aneinandergeschlungen schlief er alsbald ein. Ich verblieb wach. Ich konnte nicht schlafen. Die ganze Zeit dachte ich an Ferdinand und wie es ihm wohl erginge. 

Als ich morgens um zehn die Wohnung verließ, rief ich den Liebsten noch im Treppenhaus an. Er ging nicht ran und ein hässliches Gefühl beschlich mich. Ein zweiter Anruf bestätige die Ahnung. Ferdinand war schrecklich wütend. Schrecklich verletzt. Und schrecklich abweisend. Ich nahm ein Uber und fuhr sofort zu ihm. Stunden spazierten wir. Ich lauschte all seinen Ängsten. All seinen Verletzungen. Ich war bereit und gewillt alles zu nehmen. Dann wollte er wissen, wie es war. Was passiert sei. Etwas zögerlich begann ich zu erzählen. Und allmählich begann sich Ferdinand zu entspannen. Wir begriffen, dass das wichtigste für ihn war, an meinen Erfahrungen teilhaben zu können. Nicht ausgeschlossen zu sein. Wir wussten, dass viele Poly-Paare das anders handhabten. Aber für uns erwies sich absolute Transparenz und Detailletreue als Heilmittel und Vertrauensbasis.

Der weitere Tag war wie auf Wolken und abends kurz vorm Einschlafen meinte Ferdinand: “Der Tag begann rabenschwarz und endet golden glitzernd.” Ich war glücklich. 

Das Ding mit der Eifersucht

Und so begann die Liebelei mit dem Musiker. Schnell ward die Einmonatsregel gebrochen. Wir trafen uns häufiger. Immer der gleichen Choreo folgend. Abendliche Spaziergänge. Küchenpsychologische Gespräche am offenen Fenster. Kuscheleinheiten auf dem Sofa gefolgt von Sex. Paarähnlich aneinandergeschmiegte Nächte. Ein morgendlicher Kaffee. 

Ferdinand arrangierte sich mit der Situation. Gewann an Sicherheit und Vertrauen. Die beiden lernten sich sogar aus Versehen kurz kennen, als Ferdinand mit mir die Tür des Musikers reparierte, die ich eines Abends zerdeppert hatte. Sie mochten und respektierten einander. Später äußerte Ferdinand sogar die Neugier, dass der Musiker uns auf einen Kurztrip begleitete, um zu schauen, wie das wohl sei. 

Beunruhigender für Ferdinand war nun die allgemeine Unsicherheit: Auf einmal tauchten sehr viele Männer wieder in meinem Leben auf; ungeklärte Freundschaften und frühere Liebhabereien und Ferdinand fürchtete, dass sich nun alle in meine Vagina eingeladen fühlen würden, da wir eine offiziell offene Beziehung lebten. Dem Musiker traute er. Bei den anderen war es nicht so sicher. 

Die Eifersucht besuchte uns nach ihrem tosenden Debut noch ein weiteres Mal. Ferdinand konnte fühlen, dass ich nicht mehr ausschließlich für ihn da war. Insgesamt wieder viel mehr unterwegs war. Er bekam einen minimalen Vorgeschmack darauf, wie das Leben ohne mich auch wäre. Und die Erkenntnis, dass er auf eigenen Beinen stehen muss. Das war ein sehr zehrender und schmerzhafter Prozess; für uns beide. Aber ich glaube, dass es gut war. Dass es Wachstumsschmerzen waren und wir uns wieder ein Stück aus der Verschmelzung lösten, um so als zwei coole Menschen auf- und ineinander zu treffen. Ferdinand fing an zu Joggen, kaufte mir Blumen und begann sein Buch zu schreiben. Ich sagte scherzhaft : “Ich hätte wohl früher schon mit anderen Männern schlafen sollen.”

Die Gefühle gehen mit mir durch 

Es dauerte nicht lang, bis ich auf Nachrichten vom Musiker wartete. Ich merkte, dass zumeist ich Initiative ergriff. Und irgendwann auch die Reaktionszeit immer länger wurde. Ich begann mich unsicher und bedürftig zu fühlen. Gleichzeitig nicht berechtigt so zu empfinden. Schließlich waren wir kein Paar. Teilten keine Gedanken aus der Ferne miteinander. Sondern pflegten die reine Kommunikation über nächste Treffen und Termine. Und doch fühlte ich mich unsicher. Ungewollt. Und ungewertschätzt. Meine Papa-Wunde fing an weh zu tun. 

Um meine Gefühle nicht zu übergehen, sprach ich meine Wogen offen an. Trotz dessen dass ich nicht wusste, was genau ich eigentlich wollte. Denn ich hatte ja keine Beziehung zu bieten. Noch nicht mal wirklich Zeit. Mein Kalender war bis Weihnachten voll. Ebenso der Seine. 

Wahrscheinlich wollte ich einfach die Bestätigung. Wollte gewollt sein. Ahnte aber, dass sich das schlecht sagen ließe. Und so teilte ich schlicht mein Unbehagen. 

Aus meiner Offenheit und Verletzlichkeit ergab sich ein ehrliches und schönes Gespräch über Ängste und Erfahrungen. Wir teilten Unsicherheiten und tiefe als auch verstohlene Blicke und unter den Sternen knutschend spürte ich wie ich mein Herz begann zu öffnen. Ich war attached. Ich ließ es zu. Wollte vertrauen und mich sicher fühlen. 

Doch ach. Die nächsten Wochen schmerzten. Denn nichts sollte sich ändern. Es blieb bei einer Aneinanderreihung von Mixed Messages und ich stolperte in meinem Instastream über das Meme “If they like you, you will know. If they dont, you will be confused.” Touché.  

Die Dynamiken verstärkten sich nur und so musste ich nach einem gemeinsam verbrachten verlängerten Wochenende irgendwo in der Pampa, was hätte romantisch sein sollen, aber das Gegenteil war, die Reißleine ziehen. Ich fühlte mich ausgelaugt. Gescheitert. War nicht mehr frei in Gedanken und Handlungen und so beendete ich per Postkarte die Liebelei mit dem Musiker. Ich ging, bevor er ging. Eine weitere schickte ich an mich selbst. “Kleine Kathi, alles ist gut. Ich bin immer für dich da. Ich liebe dich.”

Die Rechnung bitte. 

Ich verbrachte eine geschlagene Woche mit Introspektion, Träumen und Tarot. Ich therapierte mich selbst, weinte viel in Ferdinands Armen und war so dankbar, dass er erkannte, dass es nicht um den Mann im Speziellen ging, sondern all meine Abgelehntsein-Wunden aufgerissen waren und mein inneres Kind sich hilflos und abermals enttäuscht fühlte. Ich war unendlich beeindruckt von Ferdinands Stärke, der mir bereitwillig und empathisch den Raum gab, meine Gefühle zu verarbeiten. 

Was blieb war große Dankbarkeit. Mein Wunsch nach einer Liebelei, die mehr als Sex war, hatte sich erfüllt. Ich wünschte mir Schmetterlinge und bekam einen ganzen Mottenhaufen. Ich war dankbar für den gnadenlosen Spiegel, den ich vom Musiker bekam. Dankbar für Ferdinand und seine grenzenlose Liebe und sein Vertrauen. 

Nur eines blieb offen: Zu Beginn der Liaison scherzte ich mit einem Freund: “Ich gehe nicht, bevor ich nicht einen Song bekommen habe. Als Muse sei es doch wohl das Mindeste besungen zu werden, wenn man mit einem Musiker bummelt.” Wir lachten. Dieses Ansinnen sollte unerfüllt bleiben. Am Ende des Lieds speichterte ich den Musiker unter seinem bürgerlichen Namen in mein Phon ein. Und verwandelte ihn aus einer Kunstfigur in einen echten Menschen. 

Ich habe abermals und eindrücklich über mich gelernt, dass ich für Unverfängliches nicht gemacht bin. Eine kleine Liebes-Raupe Nimmersatt bin und mir selbst und meinen kühnen Zielen der Kühle und Abgeklärtheit nicht trauen kann. Und so auch nicht sein möchte. 

Wie geht’s weiter?

Während meines Falls erbat sich Ferdinand die Möglichkeit eine Frau zu daten. Ich fiel noch etwas tiefer. Denn ich wusste: Die Courage und Größe, die er mir erwiesen hatte würde ich in diesem Glanze wahrscheinlich nicht bieten können. Ich spürte meine Unsicherheit. Mein Bedürfnis die Einzige zu sein. Spürte die innere Katze, die unbedingt im alleinigen Zentrum der Aufmerksamkeit sein wollte. “Haben wir jetzt nicht gelernt, dass wir eben nicht klüger oder besser sind als die anderen armen Poly-Tore?” Und wusste natürlich, dass es nicht fair ist. Selbstverständlich würde auch Ferdinand diese Erfahrung machen dürfen. 

Und während ich noch etwas meine Wunden lecke und scheu auf etwaig neue Anwärter schiele, begibt sich Ferdinand auf aktive Abenteuersuche. Auch nach neuen Geschichten und Erlebnissen für sein Buch, indem es sich um die unsere Liebelei, privat als auch geschäftlich handelt. Ich vertraue unserer Liebe, die noch gestärkter aus dieser Zeit hervorgeht. Und ich bin ehrlich gespannt wie Bolle auf alles was da noch für uns kommt. Ich liebe diese Zeit. Liebe die Möglichkeiten. Liebe unsere gemeinsame Neugierde und den Willen als auch die Bereitschaft das Leben in allen Höhen und Tiefen auszuschöpfen. 

Watch out. Here we come.